«Heute habe ich genug Mut für mein Leben.»

«Psychische Erkrankungen liegen bei uns in der Familie. Meine Eltern können wohl deshalb nicht für mich da sein. Sie sind zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt. Gut habe ich Heidi von der Heilsarmee kennen gelernt. Sie gibt mir die Stärke, um mein Leben trotz Krankheit zu meistern.

Das Verhältnis zu meinen Eltern war schon immer schwierig. Meine Mutter hat selbst psychische Probleme. Das begriff ich aber erst, als es auch bei mir anfing. Etwa im zweiten Jahr meiner Lehre als Logistikerin merkte ich, dass etwas mit mir nicht stimmt. Vieles, was für andere Menschen selbstverständlich ist, kostete mich sehr viel Kraft und Überwindung. Dadurch war ich ständig müde und unkonzentriert.

Mir passierten so immer wieder Unfälle. Ich liess zum Beispiel etwas fallen und brach mir dabei den Fuss oder ich stolperte und prellte mir die Schulter. Irgendwann wurde es meinem Lehrmeister zu viel und ich musste die Lehre abbrechen. An diesem Punkt hätte ich den Rückhalt meiner Familie besonders gebraucht. Doch von ihnen kam leider keine Unterstützung.

Arbeiten war nicht möglich

In dieser Zeit begleitete ich regelmässig eine gute Kollegin als Unterstützung zu ihren Terminen bei einem Psychologen. Da ich wegen der vermasselten Lehre sehr niedergeschlagen war, dachte ich, dass er mir vielleicht auch helfen könnte.

Auf seinen Rat hin begann ich, in einem Tierheim zu arbeiten, um wieder eine Beschäftigung zu haben. Doch mein Körper machte einfach nicht mit. Schon nach einem halben Tag Arbeit konnte ich mich kaum mehr auf den Beinen halten.

Sobald ich Zuhause war, schlief ich sofort ein. Ich war oft krank, bekam jeden Infekt, der gerade grassierte. Ausserdem verlor ich massiv an Gewicht. Ich war zutiefst verzweifelt. Ein geregeltes Leben war so nicht möglich.

Vollkommen isoliert

Der Psychologe schickte mich in eine Tagesklinik. Doch dort wurde alles nur noch schlimmer. Angst schlich sich in mein Leben – Angst vor der Busfahrt zur Klinik, Platzangst in den Werkräumen und Angst vor dem Essen in Gemeinschaft. Wenn eine Panikattacke auf mich zu rollt, spüre ich, wie mein Herz zu rasen beginnt, alles dreht sich, ich bekomme Schweissausbrüche und keine Luft mehr.

Deshalb brach ich die Therapie in der Klinik ab. Ich zog mich in meine Wohnung zurück und schottete mich von der Welt ab. Erst nach mehreren Monaten, in denen ich kaum hinausging, konnte mein Psychologe mich zu einem stationären Aufenthalt in einer Psychiatrie überreden. Dort nannte man mir endlich einen Namen für meine Krankheit: Angststörung!

Die Heilsarmee begleitet Menschen mit Angstzuständen

Raus aus den Therapien

Nach der stationären Behandlung wurde mir ein Psychiater zur Nachbetreuung zugeteilt. Doch der war weiter weg und ich konnte immer noch nicht ohne Panikattacken mit dem Postauto fahren. Zudem unterstützte er mich nicht bei Behördengängen oder bei meiner Suche nach einer Lehrstelle.

Ich fühlte mich erneut im Stich gelassen. Deswegen fragte ich bei dem Psychologen von früher nach, ob er nicht eine andere Möglichkeit wüsste. Er empfahl mir die psychiatrische Spitex der Heilsarmee. So lernte ich Heidi kennen.

Die Angst überwinden

Heidi ist eine grosse Unterstützung für mich. Wenn Panik in mir aufkommt, lenkt sie mich von den Angstgedanken ab und beruhigt mich. So mache ich stetig Fortschritte. Ich kann bereits wieder einkaufen oder zum Coiffeur gehen. Mit Heidi kann ich auch offen über alles reden. Sie war mir von Anfang an viel vertrauter als irgendwelche Ärzte, Kollegen oder auch meine Eltern. Dank ihrer Hilfe kann ich im Sommer eine Lehre als Landschaftsgärtnerin beginnen. Das ist ein grosser Schritt für mich in ein selbständiges Leben. Meine Krankheit wird mich weiterhin begleiten, aber ich weiss nun, dass ich stärker bin als die Angst.

Hilfe daheim statt im Heim.

Die psychiatrische Spitex der Heilsarmee in Rheineck richtet sich an psychisch erkrankte Menschen, die selbstständig im gewohnten Umfeld mit ihren sozialen Kontakten bleiben möchten. Statt in eine Klinik zu müssen, können sie weiterhin in der vertrauten Wohnung leben und bei Bedarf unsere Leistungen in Anspruch nehmen.

„Heilsarmee mobil“ unterstützt die betreuten Personen zum Beispiel bei der Bewältigung von Ängsten, Sucht oder Lebenskrisen und fördert Antrieb, Eigenverantwortung und Stabilität. Genauso bieten wir Hand bei der Wohnungs- und Stellensuche oder bei Konflikten mit dem Ehepartner oder Angehörigen. Egal, ob es um eine kurzfristige Krisenintervention oder um eine langjährige Betreuung geht, unsere Fachpersonen sind zur Stelle.